2.132 Katalanen, Katalonien, katalanisch (català), Katalanische Länder (Països catalans)

Mehrere Aktualisierungen -, letzte Aktualisierung März 2021

1. Vorwort – Einführung


Wenn der FC Barcelona – auch bekannt unter dem Kurznamen Barça – mit seiner weltweit bekannten Fußballmannschaft im Stadion Camp Nou vor mehr als 90.000 Zuschauern spielt, erschallt nach genau 17 Minuten und 14 Sekunden der donnernde Ruf „In-Inde-Independència“. Mit diesem Ruf nach Unabhängigkeit will man der ganzen Welt mitteilen: „Wir sind keine Spanier, wir sind Katalanen“. Dazu wird ein Meer von katalanischen Fahnen mit 5 goldgelben und 4 roten Streifen geschwenkt.  Das bedeutet für jeden Barça-Fan Gänsehaut pur.
Dieser Ruf ist umso lauter, wenn es gegen den Erzrivalen in der spanischen Meisterschaft - Real Madrid - geht, denn ein Sieg gegen Madrid ist auch immer ein politischer Sieg.[1] Zur Bedeutung der Zahlen 17 + 14 siehe unter 4.Geschichte.

Dieser Post soll daher etwas mehr Hintergründe zu den Bestrebungen der Katalanen nach mehr Autonomie bzw. Unabhängigkeit liefern, denn man muss wissen, dass dieses Streben eine lange Geschichte hat.

2. Lage und Zahlen


Am bedeutendsten und bekanntesten ist für viele Ausländer die heutige spanische Region Katalonien, aber katalanische Sprache und Kultur ist nicht auf dieses namensgebende Gebiet beschränkt. Dies verdeutlichen die folgenden Karten und Zahlen:



Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Katalanische_Sprache

                              Karten: Katalanische Sprach- und Dialektgebiete

Tabelle: Gebiete, in denen die Katalanische Sprache Amtssprache ist [2]

Gebiet
Einwohner
Katalanisch sprechende
%
Katalonien
6.502.880
5.698.400
87,6
Valencia
3.448.368
2.407.951
69,8
Balearen
852.780
706.065
82,8
Andorra
62.013
57.395
92,6
Alguer
34.525
26.000
75,3
Gesamt:
10.900.566
8.895.811
81,6

 

Die Zahlenangaben sind allerdings sehr schwankend, weil man oft nicht zwischen Muttersprachlern und katalanisch sprechenden bzw. katalanisch verstehenden differenziert bzw. überhaupt differenzieren kann. Kennzeichnend dafür ist eine Erhebung der balearischen Regionalregierung  aus dem Jahre 2003, die ergab z. B., dass ca. jeweils die Hälfte der Einwohner der balearischen Inseln über 15 Jahren katalanisch und spanisch als Muttersprache angaben,   93 % der Befragten gaben an katalanisch zu verstehen, 74,6% es zu sprechen, 79,6% es lesen und 46,9% es schreiben zu können.[3] Man kann wohl mit Sicherheit  davon ausgehen, dass es im gesamten katalanischen Sprachgebiet mindestens  6 Millionen katalanische Muttersprachler und ca. 12 Millionen Menschen gibt, die täglich mehr oder weniger aktiv Kontakt mit der Sprache haben, sie sprechen oder zumindest gut verstehen. Damit ist das Volk der Katalanen eindeutig die größte Minderheit in Europa mit einem geschlossenen Siedlungsgebiet. Die Zahl der katalanischen Muttersprachler ist größer als die Zahl der Einwohner von 12 souveränen Mitgliedsländern der EU.[4] Genau genommen darf man allerdings nicht sagen, es sei eine Minderheit ohne Staat, denn in dem kleinen Staatsgebiet von Andorra ist Katalanisch offizielle Landessprache.

Wie die Karten und die Tabelle verdeutlichen, geht das katalanische Sprachgebiet weit über die spanische Region Katalonien hinaus. Im einzelnen gehören folgende Gebiete zum katalanischen Sprachgebiet, zu den so genannten Katalanischen Ländern (Països catalans):

2.   2.1 Andorra


Das 468 km2 große Staatsgebiet des unabhängigen Andorra in den östlichen Pyrenäen, wo Katalanisch offizielle Amts- und Landessprache ist. Daneben wird aber auch spanisch und französisch gesprochen und verstanden.

Andorra ist  offiziell ein konstitutionelles Fürstentum, das auf ein Abkommen von 1278 gründet, das zwischen dem Bischof von La Seu d'Urgell (Seo de Urgel) und dem Grafen von Foix geschlossen wurde und in dem festgelegt wurde, dass sich beide die Herrschaft teilen. So sind auch heute noch der Bischof von La Seu d'Urgell und der französische Staatspräsident (als Nachfolger der Grafen von Foix) gleichberechtigte Kofürsten (Staatsoberhäupter). Das Parlament besteht aus 28 Abgeordneten, wovon die Hälfte direkt und die andere Hälfte in jeder Gemeinde (7 x 2 Sitze) gewählt werden. Das Parlament wählt den Regierungschef (“Cap de Govern”).

Im Fürstentum leben heute ca. 77.000 Einwohner, von denen nur noch ca. die Hälfte der alteingesessenen katalanischen Bevölkerung angehören. Die andere Hälfte entfällt auf dort wohnende Spanier, Franzosen, Portugiesen, Briten und auch 314 Deutsche sowie viele Personen weiterer Staatsangehörigkeit.  Es gibt 4 Tageszeitungen, 3 Rundfunkanstalten und ein Nationales Fernsehen (Andorra Televisó) in katalanischer Sprache.[5]        
 
2.2 Region Katalonien
Die bereits  erwähnte autonome Region Katalonien (besehend aus den Provinzen Barcelona, Tarragona, Girona und Lleida) mit der Hauptstadt Barcelona. Katalanisch ist neben Spanisch (kastilianisch - castellano) Amtssprache. Seit 2006 ist neben diesen Hauptsprachen auch das Aranesische Amtssprache in ganz Katalonien. Aranesisch ist ein Dialekt des Okzitanischen und wird im Val d'Aran in den Pyrenäen gesprochen. Bei der Volkszählung 1996 gaben 65% der ca. 6.000  Einwohner des Tales d'Aran an, Aranesisch zu sprechen, 90% verstehen die Sprache.
Weitere Hinweise zur Sprachsituation und zur politischen Lage in der Region Katalonien siehe unter 5. Neuere Geschichte - heutige Situation und Perspektiven und 6. Neue Eskalation im Jahre 2017. 

c.    2.3 Region Valencia


In weiten Bereichen der autonomen Region Valencia mit der Hauptstadt Valencia wird Valencianisch gesprochen, das zum Katalanischen gehört und hierzu einige Abweichungen hat. Valencianisch (katalanisch) ist neben Spanisch Amtssprache.

d     2.4 Region Balearische Inseln


Die autonome Region der Balearischen Inseln (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera). Auch hier sind Katalanisch und spanisch gleichberechtigte Amtssprachen. Auf den einzelnen Inseln werden spezifische Dialekte des Katalanischen gesprochen (Mallorquinisch, Menorquinisch, Ibizenkisch). Zum Gebrauch des Katalanischen siehe oben unter 2. Lage und Zahlen.

e     2.5 Franja de Ponent – östliche Gebiete der Region Aragonien


Die östlichen Randgebiete (der Gebietsstreifen von Franja de Ponent und die Stadt Fraga) der Region Aragonien gehören ebenfalls zum katalanischen Sprachgebiet. Im „Sprachengesetz von Aragón“ (Ley de Lenguas de Aragón), vom 9. Mai 2013 hat das aragónesische Regionalparlament die katalanische Sprache für den eigenen Regierungsbereich als Lengua aragonesa propia del área oriental (LAPAO) bezeichnet

f. )   2.6 Nord-Katalonien (Catalunya del Nord)


Auf französischem Territorium liegt das Département Pyrénées-Orientales, auch als Nord-Katalonien (Catalunya del Nord) bezeichnet und besser bekannt als Roussillon (Rosellò) mit der Hauptstadt Perpignan (Perpinyà). Das Rosellò war einst Teil des Königreichs von Malllorca und fester Bestandteil der katalanischen Länder. Nach einem Krieg zwischen Frankreich und Spanien im 17. Jahrhundert musste das Roussillon im sogenannten Pyrenäenfrieden 1659 an Frankreich  abgetreten werden. Frankreich verfolgte als Zentralstaat – wie im übrigen Land – eine rigide Sprachpolitik, die dazu führte, das die Lage der katalanischen Sprache in „Nordkatalonien“ nicht gut aussieht. Erst in den letzten Jahrzehnten konnte die katalanische Sprache wieder etwas an Boden gutmachen. Für viele Erstklässler gibt es zweisprachigen Unterricht und ca. 14% der Kinder besuchen die privaten zweisprachigen sogenannten „La Bressola“-Schulen. Dieser Erfolg ist vor allem der Initiative der Sprachbewegung „Federacio per la llengua i la cultura catalanes“ zu verdanken. Trotz jahrhundertelanger  Repressalien spricht immer noch eine Mehrheit von ca. 200.000 Einwohnern (von 362.000) im Département Pyrénées-Orientales katalanisch.[6]

g.    2.7 Alghero auf Sardinien


Die katalanische Sprache in der Stadt Alghero (katalanisch: L’Alguer) im Nordwesten Sardiniens geht auf das Jahr 1354 zurück, als das Haus Aragon die Stadt eroberte und zur Festung ausbaute. Der König von Aragon schickte katalanische Untertanen aus Barcelona als getreue Außenposten nach Sardinien. Von den ca. 44.000 Einwohnern sprechen noch heute ca. 18.000 den katalanischen Dialekt von Barcelona, durchsetzt mit Sardismen und Italianismen. Die Sprache ist aber, trotz entsprechender Richtlinien zum Minderheitenschutz in der italienischen Verfassung, vor Ort nur schwach geschützt. Verschiedene Vereinigungen fördern die Sprache und die Kultur, wie z. B. das Maria-Montessori-Zentrum und das Kulturwerk von Alghero. Die  katalanischen Einwohner von Alghero sprechen natürlich neben ihrer Muttersprache  auch Italienisch und verstehen zumindest die lokalen sardischen Dialekte.[7]


3. Sprache und Kultur


Die katalanische Sprache (català) gehört zur Familie der romanischen Sprachen. Am nächsten ist sie mit dem Okzitanischen in Südfrankreich verwandt, jedoch bestehen auch große Ähnlichkeiten zum Spanischen (Castellano), Französischen und Italienischen. Entgegen der Propaganda z. Zt. Francos handelt es sich um eine eigenständige Sprache und nicht um einen Dialekt des Spanischen.

Die katalanische Sprache entwickelte sich wie die anderen romanischen Sprachen aus dem Vulgärlatein, d. h. dem Latein wie es im Nordosten der Iberischen Halbinsel und im Süden Frankreichs beiderseits der Pyrenäen gesprochen wurde. Nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches und im Zuge der großen germanischen Völkerwanderungen sind es die Westgoten, die vom 5.-7.Jh. weite Teile der iberischen Halbinsel beherrschen. Im 8.Jh. erobern die Araber das Land. Aber schon 785/803 werden Girona und Barcelona befreit und es entwickelt sich in dieser Zeit die katalanische Sprache. Nach Vereinigung der Grafschaft Barcelona mit dem  Königreich Aragon 1137 zur "Krone Aragon" und im Laufe der "Reconquesta" erobern katalanische Heere, vor allem unter Führung von Jaume I. el Conqueridor, zwischen 1229 und 1235 die Balearen und 1238 València. In den nachfolgenden Jahrhunderten erlangt die Krone von Aragon eine Vormachtstellung im westlichen Mittelmeer. (siehe auch unter 4. Geschichte) Katalanisch ist in jener Zeit verbreitete offizielle Verwaltungssprache. Die ersten, z.T. noch fragmentarischen katalanischen Texte stammen aus dem 12.Jh. Begründer der katalanischen Schrift- und Prosasprache war der Philosoph, Wissenschaftler und Schriftsteller Ramon Llull (lat. Raimundus Lullus, ca.1235-1316). Durch ihn, der als erster ein relativ reines Katalanisch schrieb, wird das Katalanische zur ersten romanischen Sprache, in der philosophische und wissenschaftliche Abhandlungen geschrieben wurden. Die Zeit zwischen 1350 und 1500 kann als das Goldene Zeitalter der katalanischen Literatur gelten.[8]  Die weitere Entwicklung siehe unter 4. Geschichte.

Es gibt eine reichhaltige Literatur in katalanischer Sprache - rund 1500 Autoren schreiben in dieser ca. 1000 Jahre alten Sprache Katalanisch. Ein Drittel der Verlage in Spanien publizieren ihre Werke in Katalanisch. Es gibt zahlreiche Tageszeitungen in katalanischer Sprache, so z. B. die in Barcelona erscheinenden Blätter AVUI  und El Periòdic und die Zeitung Diari de Balears auf den balearischen Inseln Außerdem gibt es  Fernsehsender, die Katalanisch senden, in Katalonien ist es der Sender TV3  und in Valencia Canal 9. Dazu kommen zahlreiche lokale Rundfunksender.

Vor allem in Katalonien und auf den Balearen – aber auch in den anderen Gebieten der katalanischen Sprache - ist diese ein wesentliches Identitätsmerkmal. Darüberhinaus gibt es  viele weitere kulturelle Besonderheiten. So werden in rund 5000 folkloristischen Vereinen die  traditionellen Bräuche gepflegt. Bei den vielen Dorffesten werden Drachen, Teufel, Riesen (sogenannte „Dickköpfe“) durch die Straßen getragen und vor allem bildet man die sogenannten Castells, das sind Menschenpyramiden, deren Aufbau nach bestimmten örtlichen Regeln erfolgt und oft im Wettbewerb verschiedener Gruppen gebildet werden. Seit dem 16. November 2010 gehören sie zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO.[9]


                                                 Katalonien_Castells

Eine bedeutende Rolle für die Kultur der Katalanen spielt die Benediktinerabtei  Santa Maria de Montserrat . Sie liegt auf 721 Metern Höhe etwa 40 km nordwestlich von Barcelona. Heute leben dort etwa 80 Mönche. Im Kloster wird die aus dem 12. Jahrhundert stammende Mariendarstellung  „Unsere liebe Frau von Montserrat“, im Volksmund La Moreneta („Die Braune“ – auch schwarze Madonna) genannt, von zahlreichen Wallfahrern verehrt. Als bedeutendes Zentrum katalanischer Kultur ist Montserrat auch über die katholische Kirche hinaus von hoher symbolischer Bedeutung.[10] Hier wurde auch in den Jahren der Franco-Herrschaft català gesprochen, Oppositionelle trafen sich hier und organisierten den Widerstand. Im Museum finden sich wichtige Objekte zur Archäologie des Heiligen Landes, liturgische Gegenstände und Gemälde von bedeutenden Künstlern wie El Greco, Caravaggio, Luca Giordano, Tiepolo, Claude Monet, Edgar Degas, Pablo Picasso, Ramon Casas i Carbó oder Salvador Dalí.



                                     Montserrat - Quelle: https.www.heiligenlexikon.de



4. Geschichte [11]


Katalonien ist wie die übrige Mittelmeerküste uraltes Siedlungs- und Kulturland. Nach Karthagern und Griechen nahmen die Römer nach einem Sieg über Karthago 218 v. Chr. das heutige Katalonien in Besitz. Im Bereich des heutigen Barcelona entstand Barcino und auf dem Gebiet des heutigen Tarragona die Siedlung Tarrago. Von der römischen Zeit zeugen viele Denkmäler wie das Amphitheater von Tarragona



                                             Tarragona  - Amphitheater

Nach dem Zusammenbruch des Römerreichs eroberten die Goten das Gebiet und machten Barcelona zu ihrer Hauptstadt. Es folgte die Invasion der Mauren und das Ende des Westgotenreichs. Ein weiteres Vordringen der Mauren wurde durch den Sieg der Karolinger unter Karl Martell in der Schlacht bei Tours und Poitiers 732 verhindert. Für Karl den Großen und die Karolinger bildete in der Folge Katalonien eine Pufferzone zum Maurenreich. Hier konnten die Grafen von Barcelona in der Folge ein autonomes Königreich begründen. Wilfried I (gest. 897), genannt der Haarige, gilt daher als der Gründer Kataloniens. Nach einer zwischenzeitlichen Vormacht Frankreichs verweigerte Borrell II (947 – 992) im Jahre 988 die Erneuerung des Vasalleneids gegenüber dem König von Frankreich, wodurch die Unabhängigkeit Kataloniens hergestellt wurde. Der übernächste Nachfolger Ramòn Berenguer I (1035 – 1076) gab dem Land ein eigenes Rechtssystem (die Usatges = Gewohnheiten).  Einer seiner Nachfolger Ramon Berenguer IV heiratete 1137 die Infantin Petronila von Aragon, wodurch es zur Vereinigung des Königreichs von Aragon und der Grafschaft Barcelona kam, beide Länder aber ihre eigene Verwaltung behielten. 1258 erkannte auch der französische König Ludwig IX formell die Herrschaft Aragons an und verzichtete auf seine Ansprüche. In der Folgezeit blühte Katalonien unter den Königen von Aragon zu großer wirtschaftlicher Blüte auf und wurde eine bedeutende Seemacht im westlichen Mittelmeer. Katalanisch wurde die offizielle Hof- und Gelehrtensprache. Die Literatur blühte. Der katalanische Ritterroman "Tirant lo Blanc" galt als das beste Buch der Welt. Valencia, die Balearen, Sardinien und Sizilien gehörten bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts zum Königreich von Aragon.

Das Jahr 1469 ist eine erste und entscheidende Zäsur für die katalanischen Länder, denn Ferdinand von Aragon und Isabella von Kastilien heirateten und damit wurde ein Großteil Spaniens unter einer Krone in Personalunion vereint. 1513 kam auch das Königreich Navarra unter diese gemeinsame Krone und 1516 wurden alle 3 früher unabhängigen Gebiete als Königeich Spanien vereint. In der Folge gingen viele Privilegien Kataloniens und seine wirtschaftliche Potenz verloren. So kam es zwischen 1640 und 1652 im sogenannten „Krieg der Schnitter“ zum Volksaufstand in Katalonien gegen den spanischen König. Frankreich unterstützte den Aufstand und kurzzeitig wurde eine katalonische Republik unter der Schirmherrschaft Frankreichs ausgerufen. Die folgenden Auseinandersetzungen zwischen Spanien und Frankreich wurden im sog. Pyrenäenfrieden 1659 beigelegt  - auf Kosten Kataloniens, das geteilt wurde. Die nordkatalonischen Gebiete des Roussillon gehören seitdem zu Frankreich.

Die nächste entscheidende Zäsur für Katalonien brachte der Spanische Erbfolgekrieg.[12] Hinsichtlich Spanien konnte sich Frankreich durchsetzen und Philipp V aus dem Hause der Bourbonen als spanischen König einsetzen. Die Katalanen hatten auf die falsche Partei des Habsburger Thronprätendenten Erzherzog Karl gesetzt und standen nun isoliert den Franzosen und Spaniern gegenüber. Gegen Ende dieser ganz Europa umfassenden kriegerischen Handlungen wurde Barcelona, das sich weiter tapfer gegen die Oberherrschaft Spaniens wehrte, belagert und am 11. September 1714 von den vereinten Armeen der bourbonischen Könige Frankreichs und Spaniens erobert. Dieses Datum hat sich fest im kollektiven Gedächtnis und Bewusstsein  der Katalanen verankert (siehe Einleitung – FC Barcelona), denn danach wurde Katalonien fest in den spanischen Zentralstaat eingebunden, alle regionalen Institutionen und Privilegien wurden aufgehoben und die katalanische Sprache in der Öffentlichkeit verboten, Seitdem war der 11. September in Katalonien (inoffizieller) nationaler Trauertag und nach der Franco-Diktatur wurde er in der Region Katalonien offizieller Staatsfeiertag der Region.

Begünstigt durch die europäische Romantik kommt es im 19. Jahrhundert trotz der Einwirkungen des Zentralstaats zu einem neuen Aufblühen der katalanischen Sprache und Kultur, die sogenannte Renaixença. Es entstehen viele Veröffentlichungen und literarische Werke aller Richtungen in katalanischer Sprache. Durch eine Sprachreform im Jahre 1907 unter besondeerem Einfluss von Pompeu Fabra (1868 – 1948) wird eine Normierung der katalanischen Schriftsprache durchgeführt, die zur Stärkung der  katalanischen Identität beiträgt. Parallel dazu entwickelt sich Katalonien zur wichtigsten Industrieregion Spaniens, was allerdings den Zuzug vieler Nicht-Katalanen aus anderen Gebieten Spaniens – vor allem Andalusiens – zur Folge hat

Nach Errichtung der spanischen Republik im Jahre 1931 erhält die Region wieder einen Autonomie-Status innerhalb Spaniens. 1932 beschließt die Cortes, das Parlament in Madrid, das Autonomiestatut. Es sicherte Katalonien eine eigene Landesregierung, Generalitat genannt, ein eigenes Wirtschaftsbudget und Kulturhoheit zu. Leider dauerte die gewonnene Freiheit nur für kurze Zeit. Lluis Companys war von 1934 bis 1940  Regierungschef in Katalonien. Bereits im Oktober 1934 wurde er verhaftet, weil er einen katalanischen Staat ausgerufen hatte. Zwei Jahre später - 1936 - kam er nach dem Wahlsieg der Linken in Spanien wieder frei.
Im folgenden spanischen  Bürgerkrieg 1936 – 1939) unterliegen die Republikaner den Truppen des Faschisten Franco, der die Autonomie Kataloniens wieder aufhob und die katalanische Sprache wiederum in der Öffentlichkeit verbot und ihren Gebrauch rigoros unterdrückte. Companys ging nach der Besetzung Barcelonas durch Franco-Truppen nach Frankreich ins Exil. Dort wurde er 1940 festgenommen und an Spanien ausgeliefert. Das Franco-Regime machte ihm wegen "Unterstützung einer Rebellion" den Prozess, verurteilte ihn zum Tode und ließ ihn in Barcelona hinrichten. Heute ist er Volksheld in Katalonien, viele Straßen und Plätze  und das Olympia-Stadion von Barcelona sind nach ihm benannt.
Spanien war in der Franco-Zeit (1939-1975) ein zentralisierter Staat, der jede Äußerung eines regionalen Selbstbestimmungsrechts brutal unterdrückte. Das hinderte die Katalanen aber nicht, weiterhin ihre Sprache zu pflegen und während der gesamten Zeit der Franco-Diktatur demonstrativ zivilen Ungehorsam zu leisten, 
z. B. indem man offizielle Formulare in katalanischer Sprache ausfüllte. - Welch viele Parallelen zu heute!

5. Neuere Geschichte - heutige Situation und Perspektiven


Nach dem Tod Francos (1975) kehrt Spanien zurück zur Demokratie. Am 29. 12. 1978 hatte das spanische Parlament eine durch Referendum bestätigte neue Verfassung beschlossen, die bis heute gilt. Die neue Verfassung von 1978 schreibt vor, dass kulturelle Eigenheiten der verschiedenen autonomen Gemeinschaften zu schützen sind. Katalonien und das Baskenland waren die ersten Regionen Spaniens, die ein Autonomiestatut erhielten. Allerdings waren die entsprechenden Bestimmungen über die unterschiedlichen Regionen und Nationalitäten Spaniens nicht eindeutig, wodurch das Verhältnis zwischen Zentralstaat und Regionen – besonders den sprachlich abweichenden Regionen Katalonien und Baskenland – nach wie vor mit großen Konflikten belastet ist. Dies liegt vor allem an Art. 2 der Verfassung, der sowohl die „unauflösliche Einheit der spanischen Nation“, als auch das Recht auf Autonomie der „Nationalitäten und Regionen“ bestätigt, ohne jedoch die Begriffe eindeutig zu formulieren. Außerdem hat man den Regionen zwar bestimmte Rechte in ihrem Zuständigkeitsbereich gewährt, verweigert ihnen aber eine Mitsprache an gesamtstaatlichen Entscheidungen.

Spanien besteht heute aus 17 autonomen Regionen(Comunidades Autónomas),  – siehe nachstehende Karte – die jedoch sehr unterschiedliche Kompetenzen und Rechte haben. In Katalonien wird z.B. bemängelt, dass die Regionen Baskenland und Navarra über uneingeschränkte Steuerhoheit verfügen und für die Leistungen des Zentralstaats nur eine Art Grundgebühr entrichten.  Die beiden Regionen kamen in den Genuss dieser Privilegien, weil sie unter günstigen politischen Bedingungen diese 1978 vor Verabschiedung der Verfassung durchsetzen konnten, den Katalanen wurde dieses Recht später mit Hinweis auf die Verfassung verweigert.




                                                    Karte: Spaniens Regionen

Deshalb gibt es in Spanien sehr unterschiedliche regionale Autonomiestatute.
Gemäß Artikel 147 der Verfassung sind die Autonomiestatute die Grundordnungen der Autonomen Gemeinschaften. Da diese aber keine Verfassungshoheit besitzen, muss bei jeder Statutänderung der Zentralstaat mitwir­ken. Es gibt auch kein allgemeines Homoge­nitätskriterium für die Autonomiestatute. Von Anfang an wiesen die verschiedenen Gemeinschaften unterschiedliche Zuständigkeiten auf, was  zu ei­ner außerordentlich hohen Zahl an Kompe­tenzkonflikten vor dem Verfassungsgericht führte. In Bezug auf die Ungleichheit der Autonomen Gemeinschaften wird deshalb im Fall Spaniens auch von einem „asymme­trischen Staat“ gesprochen.
Nur Basken und Katalanen gelang es in den zurückliegenden Jahrzehnten politische Massenbewegungen zur Durchsetzung ihrer „nationalen“ Rechte zu mobilisieren. Auch den Andalusiern gelang es, in einem neuen Statut die Bezeichnung "Nationalität" durchzusetzen und die Balearen wurden inzwischen als „historische Nationalität“ anerkannt. In anderen Regionen – selbst in der sprachlich besonders geprägten Region Galicien – gibt es nur wenig Wiederstand gegen den zentralistischen Kurs Madrids. Hinsichtlich der in Spanien häufig diskutierten Frage "Was ist eine Nation, was eine Nationalität?" verweise ich auf meinen Post http://euro-ethnien.blogspot.de/2013/05/121-volk-nation-staat-definition-der.html

Am 30. 9. 2005 verabschiedete das katalanische Parlament nach langen und leidenschaftlichen Diskussionen ein neues Autonomiestatut mit einer Mehrheit von fast 90%. Die Verfassungskommission in Madrid stellte jedoch fest, dass eine Reihe von Formulierungen nicht mit der Verfassung von 1978 vereinbar sind. Die damals in Madrid regierenden Sozialisten unter José Luis Rodríguez Zapatero einigten sich darauf im Jahre 2006 mit dem größten katalanischen Parteienbündnis CiU (Convergència i Unió, „Konvergenz und Union“) auf einen überarbeiteten Entwurf, der allerdings dem katalanischen Koalitionspartner ERC (Esquerra Republicana de Catalunya, „Republikanische Linke Katalo­niens“) zu viele Zugeständnisse enthielt und nicht weit genug ging. Vor allem ging es allen katalanischen Parteien um den Begriff der Nation und so hieß es im ursprünglichen Text: „Katalonien ist eine Nation“. Demgegenüber lautete die Endfassung: „Katalonien als Nationalität übt sei­ne Selbstregierung in der Form einer Auto­nomen Gemeinschaft in Übereinstimmung mit der Verfassung und mit dem vorliegen­den Statut aus, das seine grundlegende Iden­titätsnorm darstellt.“ Lediglich in der Präambel wird noch ausgedrückt, dass sich Katalonien entsprechend dem Fühlen und Wollen seiner Bürger als Nation definiert. Und in Artikel 8 wird Katalonien als nationale Symbole die eigene Flagge, Hymne und ein Staatsfeiertag zugestanden. Zur Gleichrangigkeit der Sprachen heißt es: „Das Katalanische ist die offizielle Sprache Kataloniens“; „auch das Kastilische ist offizielle Sprache.“ Der Kompromiss wurde vom spanischen Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet, aber die damals in der Opposition stehende Volkspartei (PP) beantragte beim Verfassungsgericht eine Normenkontrollklage, um feststellen zu lassen,  dass 114 von 223 Artikeln des neuen Statuts als nicht verfassungsgemäß zu beanstanden seien. Das Gericht brauchte vier Jahre, um schließlich 2010 ein für die Katalanen unbefriedigendes Urteil zu fällen. Es stellte fest, dass 14 Artikel verfassungswidrig sind und 27 weitere „verfassungskonform“ auszulegen seien.[13]
Das Urteil löste in Katalonien große Empörung aus. Am 10. Juli 2010 kam es zu Massenprotesten. Mehr als eine Million Katalanen gingen auf die Straße  und demonstrierten für mehr Autonomie – manche auch für die Unabhängigkeit. Insbesondere empörte die Katalanen, dass die Richter die Einstufung Kataloniens als Nation in der Präambel als ohne rechtliche Bindung herabstuften und demzufolge Katalonien sich nicht als echte eigenständige Nation verstehen dürfe.[14]   Bereits im Dezember 2009 gab es symbolische Referenden in 160 Gemeinden Kataloniens mit der Fragestellung, ob Katalonien ein unabhängiger Staat der EU werden soll. Im September 2013 bildete sich eine 400 km lange Menschenkette durch ganz Katalonien, mit der Hunderttausende den katalanischen Weg zur Unabhängigkeit forderten. Die Unzufriedenheit der Katalanen gipfelte  dann  im November 2014 in einer nicht genehmigten Volksbefragung zur Unabhängigkeit Kataloniens. Wie die katalanische Regionalregierung in der Nacht nach der Auszählung fast aller Stimmen bekannt gab, stimmten 80,7 Prozent in dem nicht bindenden Votum für die Unabhängigkeit. 
Regionalpräsident Artur Mas sprach von einem "vollen Erfolg". Katalonien habe "einmal mehr gezeigt, dass es sich selbst regieren will". Alle Nationen der Erde hätten ein Recht darauf, über ihre Zukunft zu entscheiden. "Wir möchten das für uns tun." Er bat die Weltgemeinschaft um Hilfe und Unterstützung, insbesondere bei der Organisation eines legalen Referendums.  Die spanische Regierung wies demgegenüber darauf hin, dass die Einheit des Landes in der Verfassung festgeschrieben sei. Über eine Änderung des Grundgesetzes könne nur das gesamte spanische Volk entscheiden. Die spanische Staatsanwaltschaft wollte sogar den katalonischen Regierungschef und mehrere Minister vor dem obersten Gerichtshof verklagen.[15]
Seitdem bleibt das Thema „Unabhängigkeit oder mehr Autonomie“ für Katalonien auf der Tagesordnung. Der damalige katalanische Präsident Artur Mas wollte die Region Katalonien bis 2020 in die Unabhängigkeit führen. Pedro Grau, ein katalanischer Schriftsteller, der in Deutschland lebt, weist darauf hin, dass spanische Beamte, die in Katalonien eingesetzt werden – z. B. Richter – nicht verpflichtet sind Katalanisch zu sprechen und zu verstehen. Er meint, es sei doch z. B. unvorstellbar, dass Schweizer Richter in Genf oder Lugano eingesetzt werden, ohne französisch oder italienisch zu verstehen.
Die Frage des künftigen Status von Katalonien bleibt offen, auch die Fragen, die sich durch eine Unabhängigkeit erst ergeben würden, z. B. ob dies für Katalonien, die übrigen Katalanen  und ganz Spanien und Europa sinnvoll und vorteilhaft  ist. Tatsächlich würde eine Abspaltung Kataloniens neue Probleme schaffen, die in ihrem Ausmaß z. Zt. noch gar nicht zu überblicken sind. Nur beispielhaft sei gefragt, was ist die Antwort der EU?, wie reagieren die Katalanen in den übrigen katalanischen Ländern und Gebieten? Entsteht nicht in Katalonien eine neue Minderheit der Spanisch-Sprachigen, die sich z. Zt. gut in Katalonien aufgehoben fühlen? Ist nicht auch die Wirtschaftskrise Spaniens ein Motor der Unabhängigkeit?  Eine ganz neue Dimension in der Frage der Unabhängigkeit könnten Protestparteien bringen, die bei der Kommunalwahl am 24. 5. 2015 überraschend stark abgeschnitten haben.
Aus vielerlei Gründen ist z. B. für den Historiker Joaquim Coll die Unabhängigkeit keine Option. Er schlägt statt dessen eine tiefgreifende Verfassungsreform vor, die einen spanischen Bundesstaat nach deutschem Vorbild vorsieht.[16] Nach seiner Meinung und der Ansicht seiner Unterstützer besteht das größte Problem Spaniens z. Zt. darin, dass der Zentralstaat zu sehr in die Kompetenzen der Regionen hinein regiere und die Regionen keinen politischen Einfluss auf den Zentralstaat haben. Deshalb plädieren  Coll und der Politologe Cesáreo Rodríguez-Aguilera für die Schaffung einer zweiten Kammer, eines Senats (entsprechend dem deutschen Bundesrat) mit eigenen Hoheitsrechten. Diese und andere Kenner der spanischen Situation wollen die Anerkennung Kataloniens als Nation, aber sie weisen darauf hin, dass diese Nation auch durch alle Völker Spaniens geformt wurde. Der große Reichtum katalanischer Kultur bestehe auch in der Tatsache, dass hier viele Identitäten harmonisch zusammen leben.
Diesem Urteil kann ich mich nur anschließen und hoffen, dass die verantwortlichen Politiker Spaniens – vielleicht unter dem Druck von innen und außen – den Weg zu einer echten Föderalisierung Spaniens beschreiten. Wie sich die Beziehungen zwischen dem spanischen Staat und den verschiedenen Regionen und Nationalitäten weiter entwickeln werden ist z. Zt. noch völlig offen. 
Bei den Regionalwahlen am 27. 9. 2015 kamen die Allianz Junts pel Si (Gemeinsam fürs Ja) des katalanischen Regierungschefs Artur Mas  auf 62 und die  ebenfalls für eine Unabhängigkeit plädierende Linkspartei CUP auf 10 Mandate, das bedeutet eine absolute Mehrheit von72 der insgesamt 135 Mandate des Regionalparlaments. Die Spanische Regierung weist aber darauf hin, dass diese Mehrheit nicht die Mehrheit der Stimmen repräsentiert und nur durch die Wahlkreiseinteilung zustande kam. Dennoch verabschiedete das katalanische Parlament am 9. 11. 2015 eine Resolution  zu Abspaltung der Region von Spanien mit dem Tenor, dass bis spätestens 2017 eine eigene unabhängige Republik Katalonien erstehen soll. Die spanische Zentralregierung hat daraufhin wie angekündigt sofort das Verfassungsgericht angerufen, um alle Aktivitäten hinsichtlich einer Unabhängigkeit Kataloniens stoppen zu lassen lassen. Erwartungsgemäß hat das spanische Verfassungsgericht die Resolution zur Eröffnung des Unabhängigkeits-Prozesses am 1. 8. 2016  für verfassungswidrig erklärt, was der Zentralregierung in Madrid die Möglichkeit einräumt, strafrechtlich gegen die Verantwortlichen in Katalonien vorzugehen.(17)


6. Neuere Entwicklungen seit 2017

Ungeachtet der harten Haltung der Madrider Zentralregierung setzte die katalanische Regionalregierung unter ihrem Präsidenten Puigdemont für den 1. Oktober 2017 ein Referendum über die Frage der Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien an. Im Vorfeld  demontrierten in der gesamten Region hunderttausende von Katalanen für die Unabhängigkeit. Siehe dazu das folgende Bild mit Demonstanten, die katalanische Fahnen schwenken.


Demonstration mit katalanischen Fahnen - Quelle: Stern.de - bearbeitet

Die Zentralregierung in Madrid unter dem konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy reagierte sofort mit Verboten und stufte das Referendem als illegal ein. Ein massives Aufgebot der spanisch Staatspolizei Guardia Civil wurde nach Katalonien entsandt, um die Wahl zu verhindern. Dabei kam es zu schweren Auseinandersetzungen.

Der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont twitterte "Die Zentralregierung in Madrid versuche, "Ideen einzusperren, aber sie machen die Notwendigkeit von Freiheit größer",  Tatsächlich liegt die Zuspitzung der Lage m. E. vor allem an der Starrköpfigkeit der Zentralregierung, die jeden Dialog über eine Reform der Autonomie verweigert, erst recht über eine Neuordnung des Staates hinsichtlich einer Mitsprache der Regionen an Entscheidungen des Zentralstaates. Die Einrichtung einer zweiten Kammer ähnlich dem deutschen Bundesrat hätte gewiss schon längst eine Entspannung gebracht. Ebenso ein Zugeständnis an die Katalanen, dass sie zumindest die gleichen Rechte bei der Finanzhoheit erhalten wie die Basken.
So kam es am 1. Oktober 2017 zu einem Referendem unter massiven Behinderungen durch den spanischen Zentralstaat. Wahllokale wurden gewaltsam durch spanische Polizisten geschlossen und Stimmzettel beschlagnamt. Dennoch wurde das Referendum durchgeführt, es verwunderte aber niemand,  dass nur 43% der Bevölkerung Kataloniens an der Abstimmung teilnahmen. Diese sprachen sich mit 90% für eine Abspaltung Kataloniens von Spanien aus.  Spaniens Ministerpräsident Rajoy bezeichnete die Abstimmung sofort als ungültig, lehnte jeden Dialog ab und veranlasste die Inhaftierung von Aktivisten der Abspaltungsbewegung wegen Rebellion [18] 
Der Regionalpräsident  Carles Puigdemont und vier seiner Minister entzogen sich der Verhaftung durch Flucht ins Exil nach Belgien. 
Die Zentralregierung stellte die Region Katalonien zunächst unter Zwangsverwaltung durch den Zentralstaat, erlaubte aber Neuwahlen zum katalanischen Regionalparlament am 21. Dezember 2017. Dabei gab es wiederum ein  Ergebnis, dass  keine klaren Verhältnisse schaffte.
Die Parteien der Unabhängigkeit kamen bei minimalen Einbußen wiederum auf knapp 47,5% der Stimmen, während die Gegner der Unabhängigkeit zusammen auf 43% kamen.Hinzu kommt die kleine Linkspartei "En Comú" mit 8%, die zwischen den Fronten steht und für ein Einvernehmen mit der Zentralregierung plädiert. Wegen des katalanischen Wahlgesetzes haben die Befürworter der Abspaltung im Parlament jedoch wieder eine knappe Mehrheit mit 70 Sitzen, immerhin deutlich über der absoluten Mehrheit von 68 Sitzen. Auch die Gegner einer Abspaltung von Spanien können mit dem Wahlergebnis nicht zufrieden sein, allen voran die konservative Volkspartei (PP) des Ministerpräsidenten Rajoy stürzte von 11 Sitzen auf nunmehr drei ab, wahrlich eine Ohrfeige für Rajoy. Gewinnerin der Wahl ist die Ciudadanos-Protestpartei mit 37 Mandaten, die für den Verbleib Kataloniens bei Spanien plädiert. Dem gegenüber konnten die katalanischen Sozialisten unter Miquel Iceta nur 1 Mandat hinzugewinnen. Aber auch im Lager der Separatisten gab es große Verschiebungen. Einen Denkzettel erhielt auch die linksradirale CUP-Partei, die sich in der Vergangenheit besonders kompromisslos bei der Verfolgung der Unabhängigkeit zeigte (nur noch 4 statt 10 Sitze). Dem gegenüber konnten die Parteien von Puigdemont und Junquereas ihre Position ausbauen.   [19] 

Der als Abgeordneter wiede gewählte Regionalpräsident Carles Puigdemont bleibt weiter im Exil in Belgien. Bei einer Einreise nach Deutschland wurde er aufgrund des internationalen Haftbefehls verhaftet. Das zuständige deutsche Gericht untersagte jedoch eine Auslieferung an Spanien wegen Rebellion. Daraufhin zog Spanien den internationalen Haftbefehl zurück. Puigdemont lebt seither wieder in Belgien im Exil. Puigdemont gab dem Spiegel (Ausgabe 33 v. 11. 8. 2018) ein Interview über seine Flucht, seine Zeit in deutscher Haft und die Zukunft der Unabhängigkeitsbewegung.
Da die Wahl Puigdemonts in Abwesenheit nicht möglich war, wurde im Mai 2018 eine neue katalanische Regionalregierung unter Quim Torra gebildet, womit nach Monaten der Zwangsverwaltung durch Madrid wieder einigermaßen geordnete Verhältnisse in Katalonien eingekehrt sind.

Wie kann eine Lösung der verfahrenen Situation aussehen?
Nachdem Spaniens Ministerpräsident Rajoy am 1. 6. 2018 wegen einer Korruptionsaffäre seiner Partei durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt wurde, gibt es nun eine neue politische Konstellation. Der Sozialist Pedro Sanchez als neuer Ministerpräsident Spaniens  ist im Parlament auf die Unterstützung durch katalanische und baskische Regionalparteien angewiesen.  Dies ist doch die Chance zu einem neuen Kompromiss! Dazu schreibt die Süddeutsche Zeitung vom 3. 6. 2018:                                                

"....herrscht nun eine andere Gesprächsatmosphäre, nachdem die beiden Streithähne Rajoy und Puigdemont, die fest entschlossen waren, keine Feder am jeweiligen Widersacher zu lassen, aus der Linie sind. Sánchez hat bereits in der Vergangenheit erkennen lassen, dass er mit den Katalanen über den Finanzausgleich, der ja Stein des Anstoßes war - reden würde. Er hat eine Kommission ins Gespräch gebracht, die die Verfassung von 1978 überarbeiten und den Regionen mehr Rechte einräumen soll......"

 
Leider ist seit den gesamtspanischen Parlamentswahlen 2019 auch unter einem sozialistischen Ministerpräsidenten kein Fortschritt zu verzeichnen. Das oberste spanische Gericht verurteilte neun Anführer der Unabhängigkeitsbewegung zu langen Haftstrafen von bis zu 13 Jahren, weil sie für das nach Meinung des Gerichts illegale Referendum verantwortlich seien. Nach Bekanntgabe der Urteile gab es damals in Barcelona tagelange Proteste und Unruhen.
 
Nun sprach das oberste Gericht am 28. 9. 2020 erneut ein Urteil, das den schwelenden Konflikt erneut zur Eskalation bringen kann.  Es hat den Regierungschef der Region Katalonien, Quim Torra, wegen Ungehorsams des Amtes enthoben. Das Oberste Gericht Spaniens bestätigte ein entsprechendes Urteil des katalanischen Oberlandesgerichts vom vergangenen Dezember, wonach Torra eineinhalb Jahre lang kein öffentliches Amt bekleiden darf. Der Grund: Der 57-Jährige hatte sich vor der spanischen Parlamentswahl vom 28. April vergangenen Jahres geweigert, am Sitz seiner Regierung in Barcelona und an anderen öffentlichen Gebäuden Symbole der Unabhängigkeitsbewegung zu entfernen, obwohl die Wahlbehörde dies angeordnet hatte.
Entsprechend der gerichtlichen Mitteilung muss Torra das Amt des regionalen Ministerpräsidenten an seinen bisherigen Vize, Pere Aragonès, abtreten. Das wird nach Medienberichten innerhalb der nächsten sieben Tage geschehen. Es gilt als sicher, dass Aragonès anschließend für Anfang 2021 Neuwahlen ausrufen wird.
Bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils kam es in Katalonien zu Protestkundgebungen. Selbst unabhängige Beobachter, wie der Universitätsminister der Zentralregierung, Manuel Castells, reagierten auf das Urteil mit Unverständnis und bezeichneten es als Provokation in einer ohnehin schon sehr komplizierten Lage. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, aber es könnte für Spanien und Katalonien erneut einen heißen Herbst geben.
[20]
 

Neue Situation nach den Regionalwahlen im Februar 2021?

Am 14. Februar 2021 fanden in Katalonien erneut Wahlen zum Regionalparlament statt. Das Ergebnis veranschaulicht die folgende Grafik.




Die ersten Schlagzeilen und Kommentare in den Medien stellten vor allem heraus, dass die Parteien für eine Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien wieder eine deutliche Mehrheit im Regionalparlament errungen haben.[21] Das Wahlergebnis verdient aber eine weitergehende Analyse. Größte Zugewinne bei den Wahlen verbuchten jedoch die in Madrid regierenden Sozialisten(PSOE), deren katalanischer Zweig  unter dem Namen PSC mit dem spanischen Gesundheitsminister Salvador Illa als Spitzenkandidat antraten. Sie konnten ihr Ergebnis von 2017 fast verdoppeln und haben nun 33 Sitze im katalanischen Regionalparlament, ebenso viele wie die moderaten Separatisten von der ERC. Diese gewannen einen Sitz dazu, während die kompromisslosere Separatisten-Partei JuntsxCat des früheren Regionalpräsidenten Carles Puigdemont 2 Sitze einbüßte und nun mit 32 Abgeordneten knapp an dritter Stelle steht. Zum Lager der Separatisten gehört noch die linksgerichtete CUP mit 9 Sitzen, so dass die für eine Unabhängigkeit eintretenden Parteien mit insgesamt 74 von 135 Abgeordneten nun eine klare Mehrheit haben. Wahrscheinlich werden sie auch wieder eine Regierung bilden.

Damit würde aber die Chance für eine friedliche Lösung des Katalonien-Konfliktes vertan. Tatsächlich sind die Sozialisten zu Verhandlungen über eine weitergehende Autonomie Kataloniens bereit und im Madrider Parlament sind sie auf die Unterstützung durch die ERC angewiesen. Das gute Abschneiden der Sozialisten und der moderateren Separatistenpartei ERC stärkte die Kräfte, die auf Verhandlungen statt auf Konfrontation setzen. Eine Mehrheit für eine pragmatische Lösung wäre also möglich. Dies umso mehr, als die größte spanische Oppositionspartei, die konservative Volkspartei PP, die während ihrer Regierungszeit mit aller Härte gegen die katalanische Unabhängigkeit vorging, bei den Regionalwahlen eine empfindliche Niederlage erlitt und nur noch 3 Abgeordnete im Regionalparlament stellt. Auch die liberale Ciudadanos-Partei büßte  nach einem Rechtsschwenk 30 ihrer bisher 36 Sitze ein. Davon profitierte allerdings die rechtspopulistische VOX.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die moderaten und friedliebenden Kräfte letztendlich durchsetzen und eine Befriedung der zerrissenen Region herbeiführen. Dazu gehört einerseits der Mut der moderaten Separatisten, ihren Wählern klar zu machen, dass eine völlige Unabhängigkeit illusorisch ist und auf der anderen Seite der Mut der Sozialisten, den Katalanen eine wirkliche Autonomie zu gewähren, die sich z. B. am Modell Südtirol orientiert.




[1]  http://www.11freunde.de/interview/barcas-fanstimme-miquel-roue-ueber-die-unabhaengigkeitswuensche-des-fc-barcelona und http://www.spanienlive.com/index.php/Politik/katalonien-unabhaengig-spanien-konflikt-gruende-abspaltung
[2] http://www.spanien-bilder.com/katalonien/katalanische_sprache.php

[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Balearische_Inseln#Deutsche_BevölkerungsanteileBalearische Inseln

[4] Dänemark, Estland, Finnland, Irland, Kroatien,  Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Slowakei, Slowenien, Zypern,
[5] http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Andorra_node.html

[6] Pogrom 204 Dezember 1999
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Alghero
[8] http://www.romanistik.uni-freiburg.de/pusch/katalan.htm

[9] http://www.planet-schule.de/spielederwelt/spiele/pyramiden/
[10] http://de.wikipedia.org/wiki/Montserrat
[11] Zusammengestellt u. a. unter Benutzung folgender Unterlagen: http://www.spanien-bilder.com/katalonien/katalanische-geschichte.php + http://www.dw.de/katalanisch-wird-diskriminiert-aber-positiv/a-4579960 - „Minderheitensprache mit Mehrheitspotenzial“ in pogrom 45/2008 + http://www.romanistik.uni-freiburg.de/pusch/katalan.htm

[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Spanischer_Erbfolgekrieg

[13] https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/193592/autonomie-in-spanien und Walther L. Bernecker „Zwischen „Nation“ und „Nationalität“: das Baskenland und Katalonien
erschienen in APuZ – Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 36-37/2010 – v. 6. 9. 2010

[14] Spiegel-online vom 10. 7. 2010

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