2.020 Albaner, albanisches Volk, Albanien




2.020 Albaner, albanisches Volk, Albanien

Neue überarbeitete Version Stand August 2020

 

1. Vorwort – Einleitung

Die Albaner sind ein alteingesessenes Volk auf dem Balkan. Sie stammen von den alten Illyrern ab, die den Westteil der Balkanhalbinsel bewohnten. Unter der ca. 500jährigen Herrschaft der Osmanen auf dem Balkan wurde ein großer Teil des albanischen Volkes islamisiert, wodurch über Jahrhunderte ein gutes Verhältnis zur türkischen Obrigkeit erzeugt wurde. Die Religion war für die Albaner aber nicht Basis einer nationalen Identität.


So ist die weltweit bekannteste Albanerin die römisch katholische Nonne Mutter Teresa. Die Geschichte ihrer Familie ist auch ein Beispiel für die wichtigsten Siedlungsgebiete des albanischen Volkes. Sie wurde als Anjezë (Agnes) Gonxhe (deutsch: Blütenknospe) Bojaxhiu am 26. 8. 1910 in der heute mazedonischen Stadt Skopje als Tochter in einer streng römisch-katholischen, wohlhabenden Kaufmannsfamilie geboren. Ihr Vater stammt aus dem heutigen Nordalbanien und die Mutter aus dem Kosovo. Damals gehörte Skopje ( türkisch „Üsküb“) noch zum Osmanischen Reich. Die kleine Anjezë Gonxhe wuchs in der Regionalmetropole Shkodra (Skutari) auf, einer Stadt im Norden des 1913 unabhängig gewordenen Staates Albanien, und besuchte dort eine katholische Mädchenschule.
Aus Gründen der Systematik und wegen vieler Überschneidungen habe ich die Geschichte des albanischen und serbischen Volkes in einer Tabelle zusammengefasst, die unter 2.901Balkan_Albaner+Serben_Geschichte abgerufen werden kann.

2. Albanische Sprache                               

Die albanische Sprache bildet einen eigenen Zweig in der indoeuropäischen Sprachfamilie. Sprachforscher bringen sie in Zusammenhang mit dem ausgestorbenen Illyrischen. Die Illyrer lebten im Altertum auf der östlichen Seite des adriatischen Meeres. Um die Zeitenwende wurde ihr Siedlungsgebiet von den Römern erobert und die Illyrer sind darnach wohl in andere Völker des Balkans aufgegangen. Erste albanische Schriftzeugnisse gibt es aus dem 15. Jahrhundert (vornehmlich religiöse Texte)
Die Albaner bezeichnen ihre Sprache selbst mit Shqip, woraus die Bezeichnung Skipetaren für die Albaner abgeleitet ist. Wer kennt nicht den Schriftsteller Karl May und seine Bücher „Im Land der Skipetaren“ und „In den Schluchten des Balkan“. Er schildert dort „seine“ Abenteuer einer  Zeit, als die albanischen Gebiete noch zum Osmanischen Reich gehörten.
Die albanische Sprache zerfällt in zwei große Dialektgruppen
·       das Toskische (gesprochen im Süden Albaniens, und bei den Minderheiten in Griechenland und Italien)
·       das Gegische (gesprochen im Norden Albaniens, im Kosovo, Montenegro, Mazedonien und Serbien (Presovo-Tal)
Beide Varianten enthalten viele Lehnwörter, vor allem aus dem lateinischen, griechischen, türkischen und den slawischen Sprachen, in jüngerer Zeit auch aus dem Italienischen und in jüngster Zeit viele Anglizismen. Die beiden Sprachvarianten teilen sich wiederum in verschiedene örtliche Dialekte auf, wovon besonders das Elbasanisch zu erwähnen ist, ein Übergangsdialekt zwischen toskisch und gegisch. Obwohl sich alle Philologen einig sind, dass Albanisch ein eigenständiger Zweig des Indogermanischen ist, hat man viele Gemeinsamkeiten mit anderen Balkansprachen festgestellt, die auf lang wirkende kulturelle Einflüsse insbesondere der griechisch-orthodoxen Kirche und des Kirchenslawischen zurück zu führen sind.
Erst nach 1870 wurden die ersten Zeitungen und Zeitschriften in albanischer Sprache herausgegeben, zunächst je nach religiöser Zugehörigkeit in lateinischer, griechischer oder arabischer Schrift. Die inzwischen gegründete Nationalbewegung Rilindja bemühte sich Ende des 19. Jahrhunderts um die Vereinheitlichung der Schreibweise. Im November 1908 trafen sich albanische Intellektuelle zu einem Kongress in Monastir, dem heute mazedonischen Bitola. Diese Versammlung beschloss, dass die albanische Sprache fortan ausschließlich in lateinischer Schrift geschrieben werden sollte.
Obwohl die Gegisch-Sprecher die Mehrheit bildeten, und zunächst vielen Veröffentlichungen auch das Gegische zugrunde lag, setzte sich das Toskische als Schriftsprache durch. Seit 1950 ist es offizielle Schriftsprache aller Albaner. Diese Entwicklung wurde auf einem Kongress in Tirana 1972 endgültig bestätigt. Die Entscheidung war vom Wunsch getragen, den gesamten albanischen Kulturkreis mit dieser Schriftsprache zu einen. Seit einigen Jahren mehren sich aber Stimmen, insbesondere aus dem Kosovo, dass verstärkt gegische Varianten berücksichtigt werden sollen.
Insgesamt sprechen über 7,5 Millionen Menschen albanisch, davon knapp drei Millionen in Albanien, ca. 1,7 Millionen im Kosovo, etwa 0,5 Millionen in Mazedonien, ca. 0,3 Millionen in den übrigen Balkanländern sowie ca. zwei Millionen Migranten weltweit.[1]

3. Geschichte

Wie bereits vermerkt, habe ich die Geschichte des albanischen und des  serbischen Volkes in einer Tabelle unter 2.901 Balkan_ Albaner+Serben_Geschichte zusammenfassend dargestellt. Dadurch erhält der Leser einen Überblick über die sich oft überlappende Geschichte des albanischen und serbischen Volkes,  die wiederum eng mit der Geschichte anderer Balkanvölker verwoben war und ist. 

4. Albanische Staaten und Minderheiten

Erst spät im 19. Jahrhundert entwickelte sich ein albanisches Nationalbewusstsein. Aufgrund des überwiegend muslimischen Glaubens waren besonders die muslimischen Albaner dem Osmanischen Vielvölkerstaat eng verbunden, ganz im Gegensatz zu Serben und Griechen, die die osmanische Herrschaft stets als Fremdherrschaft betrachtet haben und bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts versuchten, sich vom Joch der Osmanen zu befreien.
Erst nach der Niederlage der Türken im russisch-türkischen Krieg (1877-78) gründeten intellektuelle Albaner die albanische Nationalbewegung Rilindja (= Wiedergeburt bzw. Renaissance oder nationales Erwachen)[2].  Im Gegensatz zu den Serben und Griechen kam dabei die Religion als identitätsstiftend nicht in Betracht, weil die Albaner in muslimische Sunniten, Bektaschi (Anhänger der muslimischen Derwisch- bzw. Sufi-Orden), römisch-katholische und orthodoxe Christen aufgespalten waren. Im Juli 1878 sandte die Liga (Rilindja) ein Memorandum an die Vertreter der Großmächte beim Berliner Kongress mit der Bitte, einen albanischen Staat errichten zu dürfen. Unter dem Vorsitz von Otto von Bismarck wurde diese Bitte jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, es gebe gar keine albanische Nation. Nachfolgende Aufstände wurden von den Türken niedergeschlagen und die Liga Rilindja aufgelöst. In den folgenden zwei Jahrzehntgen gab  es keine albanische Unabhängigkeitsbewegung mehr. Auch die jungtürkische Revolution hatte kein Ohr für albanische Forderungen nach Autonomie oder Unabhängigkeit, im Gegenteil ging das Militär hart gegen Christen aber auch die muslimische Bevölkerung vor, was daraufhin die Forderung nach völliger Loslösung  von Istanbul beförderte.
Die Folge des spät erwachten albanischen Nationalbewusstseins war jedoch, dass bei der Aufteilung des osmanischen Reiches auf dem europäischen Kontinent, die Albaner zu spät und damit zu kurz kamen. Zunächst versuchten im 1. Balkankrieg 1912 Serbien, Montenegro und Griechenland die albanischen Gebiete unter sich aufzuteilen (siehe Tabelle 2.901 Balkan_Albaner+Serben_Geschichte). Dabei ging man mit Terrormethoden gegen die Albaner im heutigen Mazedonien und Kosovo vor. Die unermessliche Not der Albaner und den Terror der Serben schildert der bekannte russische Revolutionär Leo Trotzki (später von Stalin geächtet und im mexikanischen Exil erschossen) als Kriegskorrespondent in der Kiewer Zeitung Kiewskaja Mysl.[3]  Ausgehend vom Kosovo wurde dadurch jedoch  die albanische Nationalbewegung sehr gestärkt, die am 28. 11. 1912 die Unabhängigkeit Albaniens ausrief. Aufgrund der serbischen Forderungen insbesondere auf das Gebiet des Kosovo,  die von Russland unterstützt wurden, wurde den Albanern auf der Londoner Konferenz am 30. 5. 1913 nur ein Rumpfstaat in den heute noch gültigen Grenzen zugestanden. So ist es dem  albanische Volk – abgesehen von einer kurzen Zeit im 2. Weltkrieg unter italienischer Oberherrschaft - bis heute nicht gelungen, in einem gemeinsamen Nationalstaat zu leben. 
Die Lage der heutigen albanischen Staaten Albanien und Kosovo und der angrenzenden Nachbarstaaten zeigt die folgende Abbildung

                                  Heutige Staaten auf dem südlichen Balkan

4.1 Albanien

Wie vorstehend ausgeführt wurde den Albanern nach dem Ende der Balkankriege 1913 von den damaligen Großmächten nur ein Rumpfstaat zugestanden, der lediglich einen Teil des albanischen Volkes umfasste.(siehe Tabelle Albaner, Serben, Geschichte). Albanien ist mit 28.748 qkm etwa so groß wie Belgien und hat (laut Volkszählung von 2011) 2,8 Millionen Einwohner. Das bedeutet einen Rückgang der Bevölkerung um 0,8% gegenüber dem Zensus von 2001, bei dem noch 3,1 Millionen Albaner gezählt wurden. Der Rückgang wird mit einem signifikanten Geburtenrückgang, vor allem aber mit der Auswanderung von ca. 500.000 Personen erklärt. Von den 2,8 Mill. albanischen Staatsbürgern bezeichneten sich über 82% als ethnische Albaner. Genauere Zahlen zu den verschiedenen Minderheiten (siehe weiter unten unter Minderheiten Punkt 5.) konnten dabei nicht ermittelt werden, weil nahezu alle Minderheitsorganisationen zum Boykott aufgerufen hatten.[4]
Die geschichtliche Entwicklung des Staates Albanien ist wiederum aus der Tabelle 2.901 Balkan_ Albaner+Serben_Geschichte zu entnehmen. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs geriet das Land zunächst in den Einflussbereich der Sowjet-Union. Nach dem Bruch Tito-Jugoslawiens mit Moskau wandte sich auch Albanien mit seiner kommunistischen Partei unter Enver Hoxha von der Sowjet-Union ab, wobei aber Hoxha im Gegensatz zu Tito eine besonders extreme Form des Kommunismus durchsetzte. Alle Religionen wurden verboten, Albanien war völlig isoliert und das Land hatte nur noch den Partner Rot-China und war damit praktisch ein Nordkorea in Europa.  Deshalb hatte Albanien nach dem Tod Hoxhas 1985 und dem Sturz des kommunistischen Regimes 1990 große Probleme den Anschluss an europäische Standards zu bekommen. Albanien gehört mit einem realen Pro-Kopf-Einkommen von 280 Euro im Monat zu den ärmsten Ländern Europas, die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei 18 Prozent. Die Infrastruktur ist schlecht und die Straßen sind marode. Zudem kämpft das Land mit großen Korruptionsproblemen.[5]
Daher haben es skrupellosen Geschäftemacher leicht, Albaner zur Flucht nach Europa und besonders nach Deutschland zu bewegen. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellte im vergangenen Jahr fast die Hälfte der albanischen Asylbewerber in Europa ihren Asylantrag in Deutschland – insgesamt waren es in Deutschland 7.865 Erstanträge von Albanern, dazu 248 Folgeanträge. Busunternehmen aus dem Kosovo haben sich im Norden Albaniens etabliert und bieten kostengünstige Reisen nach Deutschland, oft mit falschen Versprechungen wie einer sofortigen Chance auf Arbeitsaufnahme. Deshalb sah sich die deutsche Botschaft in Albanien veranlasst eine Anzeigenkampagne in den wichtigsten Zeitungen durchzuführen, um vor den falschen Versprechungen dieser Schleuser zu warnen. In den Anzeigen wurde vor allem darauf hingewiesen, dass Asylanträge in Deutschland kaum Aussicht auf Erfolg hätten, denn im Jahre 2015 wurden nur 2,2% der Asylanträge anerkannt.[6]  Allerdings ist zu bedenken, dass nicht alle Asylsuchenden reine Wirtschaftsflüchtlinge sind. Neben der besonders diskriminierten Roma-Minderheit (s. u. unter Punkt 5.) hat das Land auch enorme Probleme, rechtsstaatliche Prinzipien durchzusetzen. Dies ist auf überkommene Gewohnheitsrechte zurückzuführen, die vor allem Gewalt gegen Frauen, Zwangsehen, Zwangsprostitution und Selbstjustiz bis hin zur Blutrache rechtfertigen. Der albanische Staat und seine Justiz  ist zu schwach fundamentale Menschenrechte durchzusetzen und seine Minderheiten und Frauen vor Gewalt zu schützen.[7]
Alle Hoffnungen auf Besserung  richten sich daher auf die EU, der man gern beitreten möchte und bereits 2009 einen Aufnahmeantrag gestellt hat. Seit dem 24. 6. 2014 ist Albanien offizieller Beitrittskandidat der EU. Bei den derzeitigen rückständigen Verhältnissen – besonders was die Korruption und die Einhaltung der Menschenrechte angeht – liegt die Aufnahme aber wohl eher in einer ferneren Zukunft. Immerhin hat das albanische Parlament auf Grund des internationalen Drucks im Juli 2016 eine Justizreform verabschiedet, die vor allem auch Gesetze zur besseren Bekämpfung der Korruption beinhaltet. Die Verabschiedung war Voraussetzung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlung zur EU. Am 9. 11. 2016 hat nun die EU-Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen unter der Voraussetzung empfohlen, dass die Justizreform auch umgesetzt werde, insbesondere die Überprüfung von Richtern und Staatsanwälten. Diese Ankündigung ist für die Albaner schon ein großes Zeichen der Hoffnung.
Eine weitere Hoffnung wird sich aber wohl nicht in überschaubarer Zeit realisieren lassen: die nationale Vereinigung aller Albaner in einem Staat. Im Jahre 2012 wurde die Geburt des ersten albanischen Staates vor 100 Jahren ausgiebig gefeiert. In der Hauptstadt Tirana und auf der zentralen Feier in der Stadt Vlora im Süden des Landes gedachten Spitzenpolitiker aus Albanien, des Kosovo und aus Mazedonien der Staatswerdung Albaniens. Am 28. November 1912 war in Vlora die Unabhängigkeit ausgerufen worden, nachdem das Land über Jahrhunderte vom Osmanischen Reich beherrscht worden war.
"Heute ist die albanische Nation frei, wo immer sie lebt", sagte die Kosovo-Präsidentin Atifete Jahjaga: "Wir haben heute wie nie zuvor die Chance, für unsere gemeinsame Vision zu arbeiten", sagte sie in Anspielung auf den nationalen Traum einer Vereinigung aller Albaner in einem Staat. Wahrscheinlich muss sich Albanien mit einer gemeinsamen Mitgliedschaft in der EU zusammen mit dem Kosovo und Mazedonien begnügen, denn in der oben genannten Empfehlung der EU-Kommission wird auch dem dem Kosovo bescheinigt, dass wichtige Fortschritte gemacht wurden. Allerding hat der Kosovo im Gegensatz zu Albanien und Mazedonien noch nicht den Status eines EU-Beitrittskandidaten.[8]

4.2 Kosovo

Das Kosovo wurde erst in jüngster Zeit selbständig und seine Anerkennung durch Serbien und viele weitere Staaten steht noch aus (siehe unter 2.901 Balkan_ Albaner+Serben_Geschichte und obige  Karte Heutige Staaten auf dem südlichen Balkan.)
Über das Kosovo und seine Bewohner habe ich einen eigenen Post verfasst. Siehe 2.022 Kosovo, Kosovo-Albaner

4.3 Albaner in Mazedonien

Albaner sind in Mazedonien nach den ethnischen Slawo-Mazedoniern (ca. 64% der Bevölkerung) mit ca. 25% (= 509.083 Personen im Jahre 2011) die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe dieses Landes. Sie leben besonders im Westen und Norden von Mazedonien und haben sich seit dem Zerfall Jugoslawiens und der Unabhängigkeit Mazedoniens eine Reihe von  Sonderrechten erstritten. Weitere Einzelheiten siehe meinen Post 2.181 Mazedonien und dort insbesondere Pkt. 5 Ethnische Probleme und Spannungen innerhalb Mazedoniens.

4.4 Albaner in Griechenland

Bei der albanischen Minderheit in Griechenland muss man zwischen den sogenannten Arvaniten und den Camen unterscheiden.Eine ausführliche Beschreibung der besonderen Situation der albanisch-stämmigen Minderheit(en) in Griechenland gibt mein Post https://euro-ethnien.blogspot.com/2015/12/210-griechen-griechenland-zypern.html und dort Pkt. 6.4

4.5 Albanische Minderheiten in weiteren Staaten

Albanische Minderheiten leben außerdem in Serbien (ca, 60.000 Albaner leben  vor allem im an das Kosovo angrenzenden Presovo-Tal ) und Montenegro 30.439 laut Volkszählung von 2011). Darüberhinaus leben kleinere albanische Volksgruppen  in Süditalien (Molise), in Rumänien, Bulgarien, Moldawien, Kroatien und der Türkei. Größere Migrantengruppen gibt es in Westeuropa, vor allem in Deutschland und der Schweiz, in Nordamerika und Australien.
 

5. Minderheiten in Albanien und im Kosovo

Zuverlässige Zahlen über die verschiedenen Minderheiten in Albanien liegen leider nicht vor. denn bei der letzten Volkszählung im Jahre 2011 machten knapp 14% der Bevölkerung keine Angaben zu ihrer ethnischen Zugehörigkeit und weitere 1,5% gaben eine ungültige Antwort. Dies lag vor allem an den Boykottaufrufen der verschiedenen Minderheitsorganisationen. Denn aufgrund des Druckes nationalistischer Albamer (Bewegung Rot-Schwarz) sah das Gesetz zur Volkszählung vor, dass jeder, der eine falsche Angabe hinsichtlich seiner ethnischen Zugehörigkeit macht, bis zu 700 Euro Geldstrafe zahlen muss. Das klingt zunächst nicht anrüchig, der Hintergrund war jedoch, dass eine falsche Angabe schon dann vorlag, wenn sie von den Angaben im Standesamtsregister abweicht und das wurde in der Vergangenheit auch unter erheblichem politischen Druck erstellt. In kommunistischer Zeit wurden z. B. Angehörige von Minderheiten, die aus ihren angestammten Wohngebieten in die Städte zogen einfach von den Behörden als Albaner registriert. Deshalb  ist es verständlich, dass kaum ein Angehöriger der Minderheit ein drohendes Bußgeld von umgerechnet 700 Euro in Kauf nahm, eine für albanische Verhältnisse recht hohe Summe. Die offiziellen Zahlen weichen daher von den Schätzungen der Minderheitenorganisationen erheblich ab. (Deutsche Welle vom 16. 10. 2011 - siehe
http://www.dw.de/umstrittene-volkszälung-in-albanien/a-6637769)

Wichtigste Minderheiten sind die:

     5.1 Griechen

      im Süden von Albanien. Siehe dazu meinen Post 2.10 Griechen, Griechenland, Zypern,griechische Minderheiten und dort besonders den Abschnitt 3.33 Griechen in Albanien

5.2 Aromunen

Sie leben über ganz Albanien verteilt . Siehe dazu meinen Post 2.23 Rumänen, Romanische Volksgruppen auf dem Balkan und dort besonders die Punkte 3.31 Aromunen/Vlachen und 3.312 Aromunen in Albanien

5.3 Mazedonier

In einigen Dörfern Albaniens  an der Grenze zu Mazedonien lebt eine kleine mazedonische (bulgarische) Minderheit.  (siehe dazu meinen Post 2.180 Mazedonier, Slawo-Mazedonier und dort den Punkt 5d) über Mazedonier in Albanien.

5.4 Roma

Eine große Minderheit sowohl in Albanien, als auch im Kosovo, stellen die Roma. Zur Situation der Roma und anderer Minderheiten im Kosovo siehe meinen Post 2.022 Kosovo,Kosovo-Albaner und dort den Abschnitt „5. Die verschiedenen Ethnien im Kosovo". Außerdem verweise ich auf meinen Post Roma in Osteuropa.
 In dem ohnehin sehr armen Land Albanien zählen die Roma wiederum zum ärmsten Teil der Bevölkerung, man schätzt, dass 80% von ihnen unterhalb  der Armutsschwelle leben. Sie führen ihr Leben am Rand der Gesellschaft und werden in der Schule und im Beruf diskriminiert, erhalten von der Polizei Schläge, wenn sie für ihre politischen Rechte demonstrieren.[10] Wie im Kosovo bezeichnen sich auch in Albanien einige Roma als Ägypter und Aschkali.

Bei der Volkszählung 2011 erklärten sich 8301 Personen respektive 0,30 Prozent der Bevölkerung als Roma; 4025 gaben Romani als Muttersprache an .Schätzungen unabhängiger Organisationen gehen jedoch von wesentlich höheren Zahlen aus. Darnach leben in Albanien bis zu  150.000 Roma, Ägypter und Aschkali, was rund vier Prozent der Bevölkerung entspräche. Dabei sind die Ägypter ausschließlich albanischsprachig.
Ausführliche  Infos über die Roma in Albanien gibt eine Veröffentlichung von Terre des hommes unter http://www.tdh.ch/de/news/albanien-der-staatsprasident-spricht-sich-fur-eine-integration-der-roma-aus
sowie  ein PDF-Dokument, abrufbar über Google mit dem Suchbegriff "Albanien Roma"

5.5 Weitere Slawische Minderheiten

Eine weitere recht kleine Minderheit sind die muslimischen Bosniaken mit rund 10.000 Angehörigen, sowie die Volksgruppe der Gorani (muslimische Slawen). Die Grenzen und Identitäten dieser beiden Volksgruppen überschneiden sich zum Teil. Ausführliche Hinweise zu den Gorani und ihrer in jüngster Zeit z. T. angenommenen Identität als Bosniaken gebe ich in meinem Post Kosovo (siehe dort den Abschnitt 5.5). 
Auch die Zahl der Serben und Montenegriner  in Albanien ist schlecht zu beziffern. Von serbischer Seite wurde die Größe der Minderheit mit 20.000 Personen angegeben, auch hier besteht eine große Diskrepanz zur Volkszählung mit nur 66 serbokroatischen Muttersprachlern. Die albanischen Regierungen der Vergangenheit haben die slawischen Minderheiten jahrzehntelang  unterdrückt und unter Druck assimiliert. Erst 2004 wurde die serbische und montenegrinische Minderheit von der albanischen Regierung offiziell anerkannt. Siehe dazu auch meinen Post Serbien, serbisches Volk 
und dort Punkt 3.95. 

Anmerkungen und Quellen


[1] Benutzte Literatur: a) Hans-Joachim Störig: „Abenteuer Sprache“ S. 81f   b) Claude Hagège „Welche Sprache für Europa?“  c) http://de.wikipedia.org/wiki/Albanische_Sprache


[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Rilindja
[3] In deutscher Sprache veröffentlicht in Leo Trotzki: „die Balkankriege 1912-13“, Arbeiterpresse Essen 1996, S. 297-303
[6] Matthias Meisner | Der Tagesspiegel vom25. Juni 2015 (aktualisiert: 9. Feb. 2016) und SPIEGEL ONLINE vom  05. August 2015
[7] Zeit-Online vom 27. 8. 2015
[9] „Albanischsprachige und Albaner (in Griechenland)“ pogrom 209 – 2/2001, S. 16
[10] Westfälische Nachrichten Münster v.  01.10.2013

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